Korallenriffe
Die Schattenseite der Sonnencreme
Um die Haut vor der UV-Strahlung der Sonne zu schützen, helfen Cremes. Doch einige der darin enthaltenen Substanzen, könnten für Korallen schädlich sein.
"Die Haut vergisst nicht!" Mit diesem Slogan warnen das Bundesgesundheitsministerium und Dermatologen-Verbände davor, dass Sonnenbrände das Risiko für Hautkrebs erhöhen. Wer auf ein Sonnenbad dennoch nicht verzichten möchte, solle sich gut mit Sonnencreme einschmieren. Doch der Hautschutz hat möglicherweise eine Schattenseite, die bisher noch zu wenig untersucht ist. Sonnencremes gelangen beim Baden in die Umwelt und richten dort eventuell Schäden an - besonders bei küstennahen Korallenriffen, die durch den Klimawandel und die damit einhergehende Versauerung der Meere ohnehin schon gestresst sind.
Es sind vor allem zwei Stoffe, die Umweltforscher kritisch beäugen: Oxybenzon und Octocrylen. Diese Substanzen absorbieren die ultraviolette Strahlung der Sonne und schützen somit die Haut. Oxybenzon ist bislang in gut 80 Prozent aller Sonnenschutzmittel enthalten. In einem Fachaufsatz, das in den "Archives of Environmental Contamination and Toxicology erschien", heißt es: "Oxybenzone stellen eine Gefahr für die Erhaltung der natürlichen Riffe dar und bedrohen die Widerstandskraft. Sie verursachen seltsame Deformitäten im Weichgewebe." Diese Aussage stammt von Craig Downs, einem der Autoren der Studie. Forscher hatten dazu auf Hawaii, den Virgin Islands und an der israelischen Küste Korallenproben eingesammelt und entsprechende Schäden festgestellt.
Auch in deutschen Gewässern lassen sich Oxybenzin und Octocrylen nachweisen. Bei Messungen vor einem Ostseebad wurden 30 Nanogramm UV-Filter Oxybenzon und Octocrylen pro Liter Ostseewasser nachgewiesen. Die Stoffe sind ebenso in Kosmetika enthalten, die vor UV-Strahlung schützen sollen. Nicht nur beim Baden im Meer gelangen sie deshalb ins Wasser, auch beim Duschen zu Hause. Von dort werden sie über Flüsse weiter ins Meer getragen. Im Einzugsbereich des Mühlenfließes zum Beispiel, einem Ostseezufluss bei Bad Doberan, waren es 170 Nanogramm UV-Filter pro Liter Wasser, wie eine Untersuchung aus dem Jahr 2016 des "Leibniz Instituts für Ostseeforschung" in Warnemünde ergab. Im Sommer 2016 hatten sich die Forscher dazu die Wasserqualität angesehen und Wasserproben entnommen.
Der Hydrogeologe Broder J. Merkel von der "TU Bergakademie Freiberg" ist bei der Bewertung der bisherigen Forschungsergebnisse allerdings vorsichtig: "Nesseltiere sterben durch jene UV-Blocker ab, das ist sicher. Bei der Korallenbleiche ist das ein Thema, weil die Versauerung durch Oxybenzone verstärkt wird. Doch um die Datenlage zu verbessern, müsste man dazu weltweite Tests an unterschiedlichen Riffen über den Zeitraum von mindestens einem Jahr durchführen", sagt Merkel. "Bisher gibt es nur Tests im Labor - hier über einen Zeitraum von Stunden." Ob die Stoffe auch im Meer, wo sie massiv verdünnt werden, langfristig kritische Konzentrationen erreichen, ist nicht sicher.
Obwohl die Umweltforscher die Schäden durch die beiden Substanzen noch nicht endgültig bewerten können, beginnt bei den Herstellern ein Umdenken. Immer häufiger mischt man mineralische UV-Blocker wie Zink- oder Titanoxid in die Mixturen und verzichtet auf Oxybenzone. Als möglicher Alternativstoff kann sich Professor Merkel auch Alternativen wie Kokosöl vorstellen. Doch er sagt auch: "Ich bin kein Dermatologe." Er rät daher lieber zu einem "Aufenthalt am schattigen Ufer".
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