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Elektrolyse neu gedacht

Wasserstoff gewinnen – effizient und kostengünstig

Bei der Elektrolyse wird Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff aufgespalten. Bild: DLR / Ernsting

Wasserstoff soll zum Energieträger der Zukunft werden. Doch es fehlen effiziente Verfahren, den Energieträger kostengünstig herzustellen. Wissenschaftler suchen nach neuen Wegen.

Wasserstoff gilt als zentraler Energieträger der Zukunft. Regenerativ erzeugt, kann er einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten und fossile Energieträger ersetzen. Dazu muss das leichteste aller Elemente umweltschonend, sicher und bezahlbar hergestellt werden. „Die einzig wirklich nachhaltige Quelle für Wasserstoff ist Wasser“, sagt Marcel Risch vom Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB). Zusammen mit seinem Team arbeitet er daran, den etablierten Prozess der Wasserelektrolyse – also der chemischen Spaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff – weiter zu verbessern.

Dieser Prozess braucht elektrische Energie. Sie wird dem Wasser über zwei Elektroden zugeführt. An einer Elektrode wird das Wasser in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff gespalten; der Sauerstoff steigt nach oben. Die Wasserstoffionen hingegen wandern zur anderen Elektrode. Dort können sie entweder in gasförmigen Wasserstoff umgewandelt werden oder auch in Kohlenwasserstoffe und Ammoniak, die als Energieträger und Industrierohstoffe dienen. „Der erste Schritt zur Erzeugung dieser Produkte – die Aufspaltung von Wasser – ist bisher nicht so gut verstanden“, erklärt Marcel Risch. „Diese Reaktion ist das eigentliche Herz der Elektrolyse und hat noch viel Potenzial zur Optimierung.“

Marcel Risch leitet eine Gruppe am HZB. Er untersucht mit seinem Team den Mechanismus der elektrolytischen Sauerstoffentwicklungsreaktion durch Wasserspaltung. Bild: HZB/Michael Setzpfandt

Die „Wanderkarte der Katalyse“

Genau das wollen die Forscher ändern. Dafür suchen sie nach neuen Elektrodenmaterialien, die als Katalysator dienen und den Prozess nicht nur effizienter machen, sondern auch häufiger und günstiger sind als die bisher oft verwendeten Edelmetalle. Besonders wichtig ist Marcel Risch dabei ein Projekt, für das er vor einem Jahr mit einem ERC-Grant als Förderung an das HZB kam: die „Wanderkarte der Katalyse“. „Die Idee dazu kam mir bei einer Wanderung durch den Harz“, erzählt er. „So wie es die unterschiedlichsten Wanderrouten gibt, existieren auch verschiedenste Wege der Elektrolyse mit verschiedenen Katalysatoren, die sich oft an Zwischenstufen kreuzen. Wie auch beim Wandern kosten manche davon mehr Energie, manche weniger. Sie alle in einer Karte zu verzeichnen“, erklärt er sein Ziel, „könnte letztendlich die Suche nach dem effizientesten Weg beschleunigen.“

Je höher der Wirkungsgrad, desto wirtschaftlicher die Herstellung

Dieser Ansatz verspricht großes Potenzial. Gelingt es den Wissenschaftlern, die Energieverluste an der Elektrode zu minimieren, könnten sie den Wirkungsgrad der Elektrolyse erhöhen und diese dadurch wirtschaftlicher machen. Dabei setzen die Forscher auf spezielle Katalysatoren im Elektrodenmaterial – vor allem auf Perowskit-Oxide. Ihr Name stammt von einem verbreiteten Mineral, das aus Kalzium, Titan und Sauerstoff besteht. Diese Materialklasse überzeugt durch ihren inneren Aufbau, wie Marcel Risch erklärt: „Alle Perowskite haben die gleiche charakteristische atomare Anordnung. Das hat den Vorteil, dass wir einfach chemische Elemente austauschen können, ohne die Struktur selbst zu verändern.“

Risch, der mit seinem Team nach neuen Katalysatoren für die Elektrolyse sucht, geht ins Detail: „In einer Probe ersetzen wir zum Beispiel Titan durch Kobalt, in einer anderen durch Eisen.“ Ein chemisches Element lässt sich auch durch mehrere andere ersetzen und das sogar in unterschiedlichen Mengenverhältnissen und Kombinationen. Jedes neue Material muss sich in der Elektrolyse beweisen. Anschließend stellen die Forscher den jeweils erzielten Wirkungsgrad gegenüber. So haben sie zum Beispiel herausgefunden, dass sich eine Perowskit-Struktur aus Barium, Kobalt und Eisen besonders gut als Elektrodenmaterial eignet.

Die Rolle der Perowskite für die Energiewende

Was sind Perowskite?

Ein Perowskit ist ein Mineral, dass aus Kalzium, Titan und Sauerstoff besteht. Diese Elemente sind in einer charakteristischen Kristallstruktur angeordnet. Ihr Aufbau ist für die Materialwissenschaft interessant, da sich Kalzium, Titan und Sauerstoff durch andere Elemente austauschen lassen.

Wo werden sie eingesetzt?

Materialien mit Perowskit-Struktur werden in Solarzellen, Kondensatoren oder Hochtemperatur-Supraleitern verwendet. Erforscht werden sie auch für den Einsatz in medizinischen Implantaten oder neuartigen Kamerasensoren sowie als Katalysator für die Elektrolyse.

Was sind ihre Vorteile?

Ein großer Vorteil liegt darin, dass sich ihre Bestandteile austauschen lassen, die Struktur dabei aber gleichbleibt. Dadurch lassen sich neue Materialien designen und deren Eigenschaften gezielt optimieren. Ein weiterer Plan der Wissenschaftler: Werden häufig vorkommende und günstig zu beschaffende Elemente verwendet, könnte auf teure oder seltene Metalle verzichtet werden.

Grafische Darstellung der Perowskit-Oxide. Grafik: HZB

Doch wann sind die besten Katalysatoren für eine effiziente Elektrolyse gefunden und implementiert? Fest steht: Bis diese die Wasserstoffproduktion tatsächlich effizienter machen können, sind noch einige Hürden zu nehmen. Eine davon liegt bei den Materialforschern selbst: „Wir brauchen standardisierte Testbedingungen, nach denen wir neue Katalysatormaterialien untersuchen“, sagt Risch. „Nur so erhalten wir wirklich vergleichbare Ergebnisse.“ Eine weitere Herausforderung sieht der Forscher in der Schnittstelle zwischen Forschung und Anwendung. „Einerseits werden die Materialien intensiv erforscht, andererseits die Elektrolyseure optimiert. Der Schritt dazwischen, vom Material zur Anlage, bietet hingegen noch großes Potenzial.“ Mit Blick auf die Wasserstoffstrategien der Bundesregierung und der Europäischen Union ist sich der Materialforscher aber sicher: „Die Weichen sind gestellt. Die Zeichen für eine klimaschonende Wasserstoffwirtschaft stehen aktuell sehr gut.“

Publikation im Fachmagazin Journal of Physics: Energy

Helmholtz-Zentrum Berlin

Die Suche nach dem besten Katalysator

Wie bleibt die Suche nach den optimalen Elementen für die Elektrolyse trotz der zahlreichen Kombinationen händelbar? Hier soll Marcel Rischs Übersichtsarbeit helfen, die vor Kurzem im Fachmagazin Journal of Physics: Energy erschienen ist. Neben dem aktuellen Stand der Forschung bewertet er darin zwei Kennzahlen, die für die Güte eines Katalysators vorgeschlagen wurden. „Eine davon ist die Besetzung eines bestimmten elektronischen Zustands“, erklärt Risch. Bei einem guten Katalysator, so die bisherige Auffassung, zeigt die Elektronenwolke um die Atome in Richtung Sauerstoff. „Als wir die Arbeit vieler Forschergruppen verglichen, konnten wir jedoch keinen solchen Trend feststellen“, fügt er hinzu. Einen Grund dafür sieht er in der fehlenden Standardisierung für Herstellung und Testbedingungen der neuen Materialien. Dadurch würden nicht nur die Experimente, sondern auch die gemessenen Werte variieren. „Selbst wenn die Materialien nominell gleich sind, können sie durch ihre Herstellung unterschiedliche Unreinheiten in Aufbau und Struktur aufweisen. Wir nennen das Defekte. Und welchen Einfluss diese haben, ist noch nicht vollständig verstanden“, sagt der Materialforscher.

Deshalb überraschte ihn, dass eine zweite vorgeschlagene Maßzahl so gut funktioniert. Diese ist spezifisch für die Perowskit-Struktur. Sie setzt die Größen der Atome zueinander in Bezug und betrachtet ihre Anordnung innerhalb des Materials. Je symmetrischer diese ist, umso besser eignet sich der Stoff als Katalysator. Wichtig ist diese Erkenntnis vor allem deshalb, da Forscher mit einer Maßzahl für die Qualität eines Materials als Katalysator nicht nach der sprichwörtlichen Nadel im Heuhaufen suchen müssten. Denn damit hätten sie ein Instrument in der Hand, mit dem sie entscheiden können, welche Veränderungen für die Katalyse wichtig und welche vernachlässigbar sind.

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